Zum Inhalt springen

Erzieherinnen und Erzieher sind der Schlüssel! Elternentlastung darf Qualitätsverbesserungen nicht ausbremsen

„Personal ist der Schlüssel für gute Bildung und Betreuung“ – unter diesem Motto zeigte heute die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW M-V) zusammen mit Erzieherinnen und Erziehern - trotz der ungünstigen Zeit am Vormittag – vor dem Schweriner Schloss Flagge für mehr Qualität und bessere Arbeitsbedingungen in den Kindertagesstätten unseres Landes. Hintergrund ist die Entscheidung der Abgeordneten in ihrer heutigen Sitzung über die Novellierung des Kindertagesförderungsgesetzes (KiFöG). Die Koalition will damit das zentrale Versprechen der Beitragsfreiheit umsetzen.

Die GEW M-V hatte den einseitigen Fokus auf die Elternbeitragsbefreiung im Vorfeld mehrfach kritisiert. Sie fordert einen landesweit geregelten Mindestpersonalschlüssel, um zunächst die dringend notwendigen Verbesserungen in der personellen Ausstattung von Kitas voranzubringen. „Die jetzige Regelung im KiföG deckt mit der Fachkraft-Kind-Relation nur die direkte pädagogische Tätigkeit einer Erzieherin, eines Erziehers, mit dem Kind ab. Alles andere, wie Vor- und Nachbereitung, Elternarbeit, bis hin zu Personalreserven für Krankheit oder Urlaub, ist nicht oder nur unzureichend durch das Land geregelt“, erklärt die GEW-Landesvorsitzende Annett Lindner die Forderungen der Bildungsgewerkschaft. In der Praxis führt dies nicht nur zu einem Flickenteppich in der Betreuung, sondern auch zu unübersehbaren Belastungen der Kolleginnen und Kollegen. Einrichtungen in finanzstärkeren Landkreisen sind besser aufgestellt, als jene in klammen Kreisen und Kommunen. „Nicht zuletzt entstehen dadurch ungleiche Bedingungen für die Kinder. Darüber hinaus sind Kreise und Kommunen gezwungen, Kitas und Horte allein unter haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu betrachten", sagt die Gewerkschafterin.

Den meisten Eltern, davon ist die GEW M-V überzeugt, geht es vor allem darum, ihre Kinder gut betreut zu wissen. „Eine beitragsfreie Kita ist nicht automatisch eine gute Kita, das wissen auch die Eltern. Natürlich treten wir als Gewerkschaft auch für kostenlose Bildung von Anfang an ein“, sagt der GEW-Landesvorsitzende Maik Walm. „Wir sehen das heute beschlossene KiföG zwiespältig. Auf der einen Seite hilft das neue Finanzierungssystem den Beschäftigten in den Kindertagessstätten endlich Tarifverträge mit besseren Löhnen durchzusetzen. Auf der anderen Seite hätten wir und viele Erzieher*innen uns aus den Mitteln des Gute-Kita-Gesetzes auch ein deutliches Signal in Richtung Qualitätsverbesserung und die Einführung eines landesweit einheitlich gesetzlichen Mindestpersonalschlüssels erwartet!“

Nicht nur die GEW M-V, auch zahlreiche Träger haben die Gesetzesnovelle bereits aus dem gleichen Grund kritisiert. Die Beteiligten fürchten, dass mit der kompletten Elternentlastung mittel- und langfristig keine weiteren Mittel zur Verfügung stehen werden, um die Kitas personell besser auszustatten. Insbesondere da die Finanzierung der Beitragsfreiheit für die Zeit nach dem Gute-Kita-Gesetz noch nicht geklärt ist. „Am Dienstag haben die Koalitionsfraktionen auf unsere Forderungen teilweise reagiert und zumindest zusätzliche 3 Millionen Euro für mittelbare pädagogische Arbeit und eines Fachkräfteoffensive in Aussicht gestellt. Wir fordern, dass diese Mittel eingesetzt werden um die Anrechnung der Auszubildenden auf den Personalschlüssel zumindest teilweise abzuschaffen. Die Bildungsgewerkschaft wird ihren Kampf für den  Mindestpersonalschlüssel fortsetzen und noch stärker intensivieren. Dafür wirbt sie um Unterstützung bei Fachkräften und Eltern.


Hintergrund:
 

Was ist die Fachkraft-Kind-Relation?

1. Fachkraft-Kind-Verhältnisse sind Kinderzahlen pro Fachkraft für die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern. Die Fachkraft-Kind-Verhältnisse stehen in § 11a Abs. 1 KiföG M-V:

(1) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellt für die unmittelbare pädagogische Arbeit unter Berücksichtigung sozialer und sozialräumlicher Gegebenheiten sicher, dass eine Fachkraft durchschnittlich
- sechs Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr,
- 15 Kinder ab vollendetem dritten Lebensjahr bis zum Eintritt in die Schule oder
- 22 Kinder im Grundschulalter fördert.

Was ist der Personalschlüssel?

Personalschlüssel sind Stellenanteile einer einzelnen Fachkraft (in Vollzeitäquivalente-VZÄ). Mit den Personalschlüsseln wird die Zahl des Personals berechnet. Die Personalschlüssel stehen nicht im KiföG MV oder einer Landesverordnung. Selbst in Betriebserlaubnisbescheiden stehen keine Mindestzahlen des einzusetzenden Personals. Die Personalschlüssel stehen in den KiföG-Satzungen der Landkreise und kreisfreien Städte. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim regelt sie nicht einmal per Satzung, sondern nur mittels Grundsatzrichtlinie, die rechtlich nicht überprüfbar ist. Die Personalschlüssel basieren auf einer Empfehlung des Landesjugendamtes aus dem Jahre 1996 und wurden seither nicht oder nicht wesentlich angehoben. Die Berechnung dieser Personalschlüssel erfolgt nicht transparent und ist kaum nachvollziehbar.