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200 Millionen Euro für die Kitas: GEW MV legt Stufenplan für die Verbesserung von Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindertagesförderung vor

Im Zuge der 4. Novelle des Gesetzes zur Kindertagesförderung (KiföG) positioniert sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW MV) zu einem der zentralen Vorhaben dieser Novelle:

Ein zentrales Vorhaben der rot-roten Landesregierung innerhalb der Kindertagesförderung soll sein,  “das Betreuungsangebot und die Personalsituation in den Kitas weiter zu verbessern” (vgl. Koalitionsvereinbarung 356, Seite 56 ff.). „Dabei handelt es sich um ein Ziel, das wir ausdrücklich begrüßen und unterstützen“, erklärt die GEW-Landesvorsitzende Annett Lindner. Dafür will das Land verschiedene Maßnahmen ergreifen, von denen sich einige in der vorgelegten Novelle wiederfinden, darunter die Absenkung der Fachkraft-Kind-Relation (FKR) von bisher 1:15 auf künftig 1:14 im Kindergarten.

„In der Vergangenheit haben nicht nur wir, sondern auch verschiedene andere Akteur:innen der frühkindlichen Bildung, immer wieder darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen nicht dazu geeignet ist, das angestrebte Ziel – eine Verbesserung der Bildungs- und Betreuungsqualität sowie der Arbeitsbedingungen - zu erreichen. Die Erreichung dieses Ziels hängt im Wesentlichen zuallererst von der Einführung eines landesweit einheitlichen, verbindlichen Mindestpersonalschlüssels ab“, erklärt die Gewerkschafterin. Erneut und eindringlich weist die Gewerkschafterin darauf hin, dass die alleinige Senkung der Fachkraft-Kind-Relation (FKR) keinerlei nennenswerte Effekte erzielen wird, wenn die Personalschlüssel weiterhin zu knapp bemessen sind. In der Folge wird es in manchen Regionen bei verkürzten Schließzeiten, Gruppenzusammenlegungen oder Ausnahmeregelungen vom Fachkräftegebot bleiben, da die Finanzierung der Aufgaben aus dem KiföG nicht auskömmlich gesichert ist.

„Letztlich“, so sagt Annett Lindner: „lässt sich eine solche Maßnahme zwar gut in der Öffentlichkeit präsentieren, hilft jedoch weder den Kindern noch den Erzieher:innen. Sie lenkt auch davon ab, dass die Bildungs-, Erziehung- und Betreuungssituation in den Krippen und Horten deutlich angespannter ist als im Bereich des Kindergartens. Wir fordern daher das Land auf, von dieser Politik Abstand zu nehmen und schon mit dieser Novelle die Grundlage für eine echte Verbesserung der Kindertagesförderung der Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsqualität sowie der Arbeitsbedingungen zu legen.“
 

Die GEW MV legt deshalb einen vierstufigen Plan zur Einführung eines landesweit einheitlichen, verbindlichen Mindestpersonalschlüssels vor:
 

Die Personalausstattung in Krippen, Kindergärten und Horten spielt gemäß der UN-Kinderrechtskonvention zur Wahrung des Kindeswohls eine entscheidende Rolle.
Ziel der GEW MV ist es, zu erreichen, dass die Koalition landesweit einheitliche, verbindliche Mindestpersonalschlüssel für die Kindertagesförderung festlegt. Diese sollen nicht nur die unmittelbare pädagogische Arbeit sicherstellen, sondern auch die mittelbare pädagogische Arbeit, Fort- und Weiterbildungstage, Rechtsansprüche auf Förderung, Öffnungszeiten bei Ganztagsförderung sowie Ausfallzeiten von pädagogischem Personal etc., berücksichtigen.
 

„Die dafür vorrangig notwendig zu betrachtende Rechengröße ist der Personalschlüssel, nicht die Fachkraft-Kind-Relation (FKR). Denn nur, wenn genug Personal eingestellt wird, um die Stelle einer Fachkraft (im Vollzeitäquivalent) zu besetzen, können die Vorgaben zur FKR durch den Träger entsprechend umgesetzt werden. Die im KiföG formulierten unmittelbaren und mittelbaren pädagogischen Aufgaben, Fehltage durch Krankheit, Urlaub, Fortbildung, Pflegezeiten etc. müssen in die Betrachtung dieser Rechengröße einbezogen werden. Diese Berechnungsgrundlage muss in allen Landkreisen/Kommunen gleich sein, was heute nicht der Fall ist. Hierüber wird nach Kassenlage entschieden. In der Folge haben nicht alle Kinder im Land die gleichen Voraussetzungen in der frühkindlichen Bildung, was aus Sicht der GEW MV nicht verfassungskonform ist. Das in der Landesverfassung festgeschriebene Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse wird nicht erreicht.“
 

Die GEW MV fordert daher das Land auf, den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf um konkrete Maßnahmen zur Einführung eines landesweit einheitlichen, verbindlichen Mindestpersonalschlüssels zu ergänzen. Das Konzept der GEW MV beinhaltet ein mehrstufiges Verfahren, bei dem berücksichtigt werden muss, dass zuerst eine Harmonisierung der noch unterschiedlichen Schlüssel im Land notwendig ist.  Jeder Schritt führt - ganz ohne eine Anpassung der Fachkraft-Kind-Relation - zu einem Personalaufwuchs zwischen 800 und 900 pädagogischen Fachkräften (unter 800 im 4. Schritt) und schlägt den Berechnungen der GEW zufolge für Land und Landkreise/Kommunen mit etwas über 50 Mio. Euro zu Buche (ca. 45 Mio. im letzten Schritt). Die entsprechenden Erläuterungen und die dazu notwendigen Berechnungen hat die GEW MV den Fraktionen des Landtages in einem Offenen Brief (siehe Anlage) zur Verfügung gestellt und um Gespräche gebeten, die in der kommenden Zeit stattfinden.

„Die Einführung des Mindestpersonalschlüssels ist, gemeinsam mit dem Ganztag, das zentrale Thema unserer gewerkschaftlichen Arbeit im Bereich der Kindertagesförderung für das Jahr 2024“, sagt Annett Lindner und stellt außerdem fest: „Die Summen , die das Land für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung eines Mindestpersonalschlüssels veranschlagt, bleiben mit knapp 4,5 Mio. im Jahr 2024 und 4,7 Mio. im Jahr 2025 deutlich hinter diesen Berechnungen und dem echten Bedarf zurück. Erst wenn die Harmonisierung der Personalschlüssel und die auskömmliche Finanzierung derselben durch dieses mehrschrittige Verfahren gesichert ist, sollte eine Absenkung der Fachkraft-Kind-Relation - beginnend bei Krippe und Horten - vorgenommen werden. Auch dafür wird es einiger Zwischenschritte bedürfen. Dieses Projekt reicht weit in die nächste Legislaturperiode hinein.“

 

Die GEW MV fordert den Mindestpersonalschlüssel seit dem Jahr 2018. Der vorliegende Gesetzentwurf verweist weiterhin lediglich auf einen noch zu  unterzeichnenden Landesrahmenvertrag, der keine ausreichende rechtliche Verbindlichkeit herstellen kann. Darüber hinaus enthält dieser laut Gesetzentwurf „möglicherweise lediglich Berechnungsschemata … zur Ermittlung von Personalschlüsseln, aber keine Personalschlüssel bzw. Personalschlüsselspannen, so dass diese ebenfalls in den Satzungen ausgestaltet werden könnten” (vgl. Entwurf 4. Novelle KiföG/ DS 8/2810, S. 59). Es würden auch weiterhin verschiedene Schlüssel Anwendung finden.

 

  

Begriffserläuterung

 

Personalschlüssel/ Mindestpersonalschlüssel

 

Rechengröße, wie viel Personal zur Abdeckung einer Vollzeitstelle (päd. Fachkraft) notwendig ist, um alle Aufgaben erfüllen zu können und auch Vertretung für Krankheit, Fortbildung, Urlaub, Regenerationstage etc. abzusichern. Der Mindestpersonalschlüssel stellt sicher, dass in allen Landkreisen/Kommunen die gleiche Rechengröße als Untergrenze angesetzt wird.

 

Fachkraft-Kind-Relation

Anzahl der Kinder, die durch eine pädagogische Fachkraft betreut werden.

 

Anlage: Offener Brief zum Mindestpersonalschlüssel plus Datenblatt

 


V.i.S.d.P.: Annett Lindner und Nico Leschinski
 

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