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Demokratie stärken: "Schweriner Erklärung" verabschiedet

Bildungsgewerkschaft: mehr Politische Bildung in der Berufs- und Weiterbildung, Personal professionalisieren

v.l.n.r.: stellv. Vorsitzender DGB-Nord, Ingo Schlüter, Bildungsministerin Bettina Martin, GEW-Vorstandsmitglied Ansgar Klinger im Goldenen Saal in Schwerin

Schwerin war jüngst Veranstaltungsort für die bundesweite GEW-Tagung mit dem Titel: Wichtiger denn je: Politische Bildung und Professionalisierung. Trotz Corona erschien das Thema so drängend, dass die GEW alle Möglichkeiten nutzte, damit das Treffen auch unter den aktuell erschwerten Bedingungen stattfinden konnte. Das zentrale Arbeitspapier, die „Schweriner Erklärung“ wurde mit großer Zustimmung verabschiedet. 

In einer Pressemitteilung erklärte die GEW am 19. Juni: 

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt deutlich größere Anstrengungen an, die Politische Bildung an Beruflichen Schulen ebenso wie in der „neuen Weiterbildungskultur“ zu stärken. „Es fehlen institutionelle, finanzielle, zeitliche und organisatorische Voraussetzungen, um die Profession in der Berufs- und vor allem in der Weiterbildung voran zu bringen“, sagte Ansgar Klinger, GEW-Vorstandsmitglied für Berufliche Bildung und Weiterbildung, am Freitag während der Tagung „Wichtiger denn je: Politische Bildung und Professionalisierung“ in Schwerin.

Gerade die Corona-Krise zeige deutlich, dass Demokratie stets aufs Neue erlernt werden muss. „Fake News und Verschwörungsphantasien häufen sich, die Gesellschaft spaltet sich immer mehr. Rassismus, Fremden- und Demokratiefeindlichkeit oder der Verlust kritischer Medienkompetenz beispielsweise lassen sich nicht allein mit fachspezifischer Bildung bewältigen“, so Klinger. „Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Teilhabe sowie Mitbestimmung, soziale Gerechtigkeit und Diversität werden zunehmend infrage gestellt. Politische Bildung muss diese Werte – auch bei Erwachsenen - mehr denn je vermitteln.“

Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule, der im Grundgesetz verankert ist, bedeute für die Berufsschule, berufsfeldübergreifende sowie allgemeinbildende Kompetenzen und Inhalte zu vermitteln und in diesem Sinn die Persönlichkeit der Lernenden zu fördern. Klinger bezeichnete Politische Bildung als „selbstverständlichen Bestandteil“ der Bildungsprozesse. In diesen erlernten junge Menschen die Kompetenzen, politische, technische und soziale Entscheidungen einzuschätzen. „Einen Vorstoß der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, die Stundentafeln zu kürzen, weisen wir strikt zurück“, betonte der Berufsbildungsexperte.

„Wir brauchen eine neue ‚Weiterbildungskultur‘. Dafür muss die ‚Nationale Weiterbildungsstrategie‘, die Bund, Länder und Sozialpartner im vergangenen Sommer beschlossen haben, um die allgemeine und politische Weiterbildung ergänzt werden. Sich nur auf berufliche Themen zu konzentrieren, greift viel zu kurz“, unterstrich Klinger. Weiterbildung müsse den engen Raum der Funktionskompetenzen verlassen und in einer neuen Integration von beruflicher und politischer Bildung die Menschen befähigen, Hintergründe und Zusammenhänge zu verstehen und sie zu einer an Humanität und Gerechtigkeit orientierten Gestaltung von Arbeitswelt und Gesellschaft ermutigen. Das betone auch die heute verabschiedete „Schweriner Erklärung: Demokratie stärken – mehr politische Bildung in Berufsbildung und Weiterbildung!” der GEW. Um dies umzusetzen, sei eine Professionalisierung der Pädagoginnen und Pädagogen in der Berufs- und Weiterbildung erforderlich.

„Wenn lebensbegleitendes Lernen zum selbstverständlichen und kalkulierbaren Teil der Biografie – nicht nur der Berufsbiographie – aller Menschen werden soll, muss die Politik gute Rahmenbedingungen und nachhaltige Ressourcen sicherstellen“, unterstrich der GEW-Weiterbildungsvorstand. „Besonders die staatlich organisierte und finanzierte Erwachsenen- und Weiterbildung ist jedoch chronisch unterfinanziert. Die Folge: prekäre und atypische Beschäftigungsverhältnisse“, sagte Klinger.