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Worauf wartet Frau Hesse?

Das Schuljahr neigt sich dem Ende zu und die vor fast einem Jahr versprochene Richtlinie zum Umgang mit Schulabsentismus liegt noch immer nicht vor. Das führt zu Verunsicherungen. Was fehlt, sind klare Regeln und Zeit, um die Elternarbeit sowie die Arbeit mit den Behörden zu verstärken. Die GEW MV kritisiert außerdem das Fehlen von Maßnahmen zur Prävention.

Kein Bock auf Schule? Schulabsentismus ist auch Ausdruck gesellschaftlicher Schieflagen. Lehrkräfte brauchen Zeit, um dem zu begegnen, sagt die GEW

"Worauf wartet Frau Hesse?", das fragen sich derzeit Lehrkräfte und Schulleitungen an jenen Schulen im Land, die es mit Schulverweigerern zu tun haben. So auch Marie-Madlen Frankowiak-Gläßer. Die Schulleiterin ist Mitglied des GEW-Landesvorstands und gibt zu Bedenken: "Der bereits im Juli 2016, noch vom vorherigen Bildungsminister , vorgelegte Maßnahmenplan sieht unter anderem den Vermerk der Fehltage auf Abgangszeugnissen, den intensiven Kontakt mit dem Jugendamt und auch Fortbildungen für Schulleitungen vor. Nun ist das Schuljahr, zu dem dieser Plan in Kraft treten sollte, fast beendet und es gibt keine Durchführungsbestimmungen, die auch nur einen der Programmpunkte ermöglichen. Das führt zu Verunsicherungen." Die Zeit drängt, denn u.a. laufen die Prüfungen bereits und die Abgangszeugnisse werden geschrieben. Zuletzt war die Zahl der unentschuldigt fehlenden Schüler*innen um etwa 40 Prozent angestiegen. Einen akuten Handlungsbedarf sah man im Bildungsministerium offensichtlich nicht.

Die GEW MV betrachtet den bereits bekannten Teil des Maßnahmeplanes kritisch: "Es wird mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Intensivierung der Elternarbeit, der Zusammenarbeit mit den Behörden sowie von Fortbildungen erfolgt. Gleichzeitig soll es jedoch zu keiner Mehrbelastung der Lehrkräfte kommen. Das bildet doch nicht die Realität an den Schulen ab", sagt Annett Lindner, die Landesvorsitzende der GEW MV. Offensichtlich wolle man, so die Vermutung der Bildungsgewerkschaft, die Beteiligung der Interessenvertretungen umgehen, indem man lediglich ein Papier mit Empfehlungscharakter schafft: "Als Gewerkschaft werden wir uns auf jeder möglichen Ebene, auch in den Personalräten, dafür einsetzen, dass Lehrkräfte und Schulleitungen für diese Aufgaben eine angemessene Zahl an Abminderungsstunden erhalten", bekräftigt deshalb die Gewerkschafterin. Sie kritisiert außerdem, dass in dem Programm keine Ansätze zur Prävention enthalten sind: "Es geht uns dabei nicht um Kuschelpädagogik. Selbstverständlich muss unentschuldigte Abwesenheit klare Konsequenzen nach sich ziehen. Dafür benötigen die Kolleginnen und Kollegen Unterstützung. Wir wissen aber auch, dass Schulabsentismus ein Symptom für soziale Schieflagen in der Gesellschaft ist. Oft mangelt es diesen Kindern in ihren Elternhäusern an Zeit und Anerkennung. Das müssen wir als Auftrag an die Schulen verstehen, diesen Kindern dort genau das zu geben. An unserer Forderung mindestens eines Schulsozialarbeiters pro Schule, führt daher auch in Zukunft kein Weg vorbei".

Auch wegen Aufgaben, wie dieser und bspw. der Inklusion, ist die Arbeitszeit eines der zentralen gewerkschaftlichen Themen der Gegenwart und der Zukunft. Abschließend richtet sich Annett Lindner mit einem konkreten Wunsch an die Bildungsministerin Birgit Hesse: "Für die rund 12.000 Lehrkräfte im Land wünschen wir uns eine Ministerin, die sich um die Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen mindestens genauso bemüht zeigt, wie um die der Polizei." Mitte Mai hatte sich Birgit Hesse in einem Interview bei NDR Info dahingehend geäußert, dass die Polizei des Landes wegen der hohen Arbeitsbelastung u.U. nicht die Kapazitäten hätte, Schüler*innen die unentschuldigt fernbleiben, polizeilich zuzuführen, was ebenfalls ein Teil des angekündigten Programms sein soll. Von der Arbeitsbelastung für die Pädagogen war hingegen nicht die Rede.

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