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Corona:

Offene Schulen brauchen mehr Gesundheitsschutz und Ressourcen!

Angesichts eines dynamischen Pandemiegeschehens fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW M-V) klare Prioritäten für die Bildung und den Gesundheitsschutz in Schulen gleichermaßen zu setzen.  Die GEW M-V ist die Interessenvertretung der Bildungsbeschäftigten im Land und versteht sich gleichzeitig als wichtiger Impulsgeber für bildungspolitische Ausrichtungen und Entscheidungen. In einer Zeit, in der zwischen dem Gesundheitsschutz der Beschäftigen (und Kinder) auf der einen und dem Recht auf Bildung auf der anderen Seite abgewogen werden muss, steht die gewerkschaftliche Tätigkeit in einem besonderen Spannungsfeld. So schränkt jede Maßnahme zum Gesundheitsschutz die auch ohne Pandemie schon knapp bemessenen Ressourcen für die Bildungsqualität weiter ein.

Symbolfoto/Symbolfoto

Grundsätzlich unterstützt die GEW M-V den Ansatz, Schulen so lange wie möglich geöffnet zu halten, um gute Bildung für alle Schüler*innen zu ermöglichen. Besonders wichtig sind dabei Grund- und Förderschulen sowie die Beschulung von Prüfungsjahrgängen. „Dennoch sagen wir: Offene Schulen um jeden Preis lehnen wir ab. Das ist keine Strategie, sondern unverantwortlich! Wir fordern, dass das Land in dieser komplexen Situation endlich einen differenzierten Plan vorlegt, der je nach örtlichem Infektionsgeschehen und Bedingungen an der Schule konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Gesundheitsschutzes und zur Sicherung von Bildung ausweist. Dafür brauchen Schulen enge Begleitung durch die Gesundheitsämter und mehr Ressourcen“, erklären die beiden GEW-Landesvorsitzenden Annett Lindner und Maik Walm. Dabei stellen sie klar: „Schule ist einer der wenigen Orte, in denen seit Monaten viele Menschen aus vielen Haushalten über längere Zeit in Kontakt stehen. Bei steigenden Infektionszahlen steigt auch die Unsicherheit für die Lehrkräfte auf der einen und Eltern auf der anderen Seite. Coronabedingt ist aber auch die Arbeitsbelastung deutlich gestiegen, so dass das Land die zusätzliche Erkrankung von Pädagog*innen riskiert. Deshalb brauchen wir u.a. endlich Raumlüfter, wo Lüftung nicht möglich ist, FFP-Masken für Beschäftigte und mehr Personal, um Aufsichten, Dokumentationen u.a. abzusichern.“
 

Die GEW M-V konkretisiert ihre Forderung für dringend notwendige Regelungen: 
 

Pädagogische Maßnahmen:
 

Unterricht für alle Schüler*innen in möglichst vielen Fächern ermöglichen – fächerverbindend arbeiten: Eine Konzentration des Unterrichts lediglich auf Kernfächer lehnt die GEW M-V ab. Der Unterricht und insbesondere auch die Förderung von Kindern, die mehr Unterstützung beim Lernen brauchen, muss möglichst in allen Fächern gleichmäßig sichergestellt werden. Förderung ist in den vergangenen Monaten viel zu kurz gekommen und damit die Bildungsungleichheit massiv gestiegen. Hier muss durch zusätzliche Stundenzuweisungen und Planungen vor Ort Bildung ermöglicht werden. Besondere Aufmerksamkeit und Priorität müssen die Grund- und Förderschulen sowie Abschluss- und Übergangsklassen haben. Die Umsetzung dieses Anspruchs darf jedoch nicht auf dem Rücken der Lehrkräfte ausgetragen werden und zu weiteren (nicht vergüteten) Mehrbelastungen führen. 

Lernen auf Distanz/digitales Lernen: Wir fordern Land und Schulträger auf, mit hoher Geschwindigkeit personell, technisch und baulich Bedingungen für digitales Lernen zu schaffen. Wo dies infrastrukturell nicht zeitnah geht, sind schnellstmöglich übertragunsgstarke W-Lan-Hotspots einzurichten bzw. Smartphones mit Datentarifen zu beschaffen. Es ist zu prüfen, ob vergaberechtliche Bestimmungen in Notlagen, wie dieser u.U. zeitbegrenzt ausgesetzt werden können. Wir nehmen politisches Engagement wahr, das allerdings bisher nicht ausreicht, um in der Schule wie in den Familien Lernen auf Distanz sicher zu stellen. Auch unkonventionelle Lösungen (Sponsoring von Einzelgeräten o.ä.) müssen ermöglicht werden.  Es ist zu beachten, dass gleichzeitiges Unterrichten in Präsenz und auf Distanz ebenfalls zu Mehrbelastungen für die Pädagog*innen führt.

Wechselmodelle/Gruppenverkleinerung: Die Verkleinerung von Gruppen und die Nutzung von Wechselmodellen ist aus Sicht der GEW ein sinnvoller Weg, Bildung bei erhöhtem Infektionsgeschehen zu ermöglichen und den Gesundheitsschutz in den Schulen und beim Schüler*innenverkehr zu erhöhen. Mit Blick auf die jeweiligen Bedingungen in den Schulen und die betroffenen Familien und Schüler*innen muss abgewogen werden, was zeitlich und inhaltlich bezogen auf die Bildungsziele angemessen ist.  

Leistungsbewertung/Bildungsinhalte: Die GEW M-V empfiehlt dringend, Anpassungen in den Vorgaben zur Leistungsbeurteilung vorzunehmen. Es ist zu prüfen, ob Schülerinnen und Schüler, die nicht zu den Prüfungsjahrgängen gehören, deutlich weniger Leistungsnachweise erbringen müssen und/oder diese durch alternative pädagogische Konzepte, wie etwa Portfolios, Hausarbeiten, digitale Präsentationen o.ä. ersetzt werden können. Auch ist ein stärkeres Augenmerk auf die Kompetenzentwicklung zu legen. Dafür können ggf. Lehrplaninhalte gekürzt werden. Schüler*innen in prüfungsrelevanten Jahrgängen brauchen jetzt Sicherheit zu den kommenden Abläufen und hohe Priorität. 

Gesundheits- und Arbeitsschutz:

Mehr Personal für zusätzliche Aufgaben: Zur Betreuung aller coronabedingten Aufsichten stellen die Schulträger umgehend Hilfspersonal zur Verfügung. Diese Aufgaben sind nicht zwingend von pädagogischem Fachpersonal zu leisten. Auch sind Bedarfe für eine Assistenz im schuladministrativen Bereich zu erfragen. Sämtlicher IT-Support muss an Firmen mit einer hohen Verfügbarkeit im Service ausgelagert werden. Außerdem muss die anfallende Mehrarbeit der Pädagog*innen endlich über Arbeitszeitkonten ausgeglichen oder finanziell entschädigt werden.

Mitbestimmung stärken: Zur Bewältigung der Krise braucht es mehr Einbeziehung der Personalräte in richtungsweisende Entscheidungen. Insbesondere bei Fragen, die den Gesundheitsschutz und das rechtssichere Arbeiten der Beschäftigten betreffen, sollte nicht auf Konsensfindung mit den Mitbestimmungsgremien verzichtet werden. Die notwendigen Regelungen zur Erfassung und Vergütung der Arbeitszeit sind ebenfalls zeitnah in Zusammenarbeit mit den Personalräten zu entwickeln.

Gefährdungsbeurteilungen/Umgang bei Erkrankungen: Die GEW M-V fordert schulspezifische Gefährdungsbeurteilungen gemeinsam mit den Gesundheitsämtern und vor allem den Schutz von Beschäftigten mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Erkrankung mit Sars-CoV-2 zu realisieren. Die GEW M-V erwartet, dass zumindest diese Lehrkräfte mit als erste bei einer möglichen Impfung bedacht werden. Das Land muss als Arbeitgeber fürsorglich mit möglichen Erkrankungen von Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeiter*innen umgehen. Tarifbeschäftigte Lehrkräfte brauchen auch über die Zeit von sechs Wochen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hinaus finanzielle Sicherheit. Alle Lehrkräfte sollten im Infektionsfall eine Anerkennung durch die Unfallkasse als Dienstunfall erhalten, es sei denn, das jeweilige Gesundheitsamt kann die Infektion eindeutig einem anderen Infektionsort zuordnen. 

Masken: Aus Sicht der GEW M-V ist die Maskenpflicht vor allem aus pädagogischer Sicht ein schwieriges Thema. Gleichwohl empfiehlt das RKI bei einer Inzidenz ab >50 auf 100.000 das Tragen von Masken auch im Unterricht in allen Klassenstufen, damit Schulen überhaupt geöffnet bleiben können. Die GEW M-V fordert deshalb ein lokales, auf das örtliche Infektionsgeschehen abgestimmtes, Handeln. Vorsorglich erhalten alle Beschäftigten für den Fall einer hohen lokalen Inzidenz FFP-Masken zum Eigenschutz. Unabhängig davon gibt es bereits eine Maskenpflicht auf Schulhöfen, in den Gängen und bei kohortenübergreifendem Aufeinandertreffen. Deshalb sind allen Schulen darüberhinaus zeitnah mit ausreichend Einmal-Masken für die Schülerinnen und Schüler zu versorgen.  

Lüftung: Alle nicht belüftbaren Klassenräume und Lehrerzimmer erhalten sofort mobile Raumlüfter (mit Hepafilter 13/14; Lüftungsnorm EN 1822-1) seitens der Schulträger zur Verfügung gestellt. Freie Schulen erhalten dafür Zuschüsse. Räume, die nicht mechanisch belüftet werden können und/oder mit einem mobilen Filter ausgerüstet sind, dürfen nicht benutzt werden. 

Schulbusverkehr: Der Schulbusverkehr muss dringend entzerrt werden. Die Kontakte aus dem Schulbusverkehr können nicht nachverfolgt werden. Jede*r Schüler*in muss einen Sitzplatz auf dem Weg zur Schule erhalten. Landkreise und Kommunen müssen ihrer Verantwortung an dieser Stelle durchgehend gerecht werden. Notfalls müssen Reisebusunternehmen hinzugebucht oder das THW und die Bundeswehr um Unterstützung gebeten werden.

Ausblick: Außerdem weisen die beiden Vorsitzenden daraufhin: „Schule braucht in diesen Zeiten auch die besondere Solidarität und Unterstützung der Gesellschaft. Anders als an vielen anderen Arbeitsorten treffen in den Schulen Kinder aus vielen Familien zusammen. Damit dies auch weiterhin so bleiben kann, müssen wir an anderer Stelle alle gemeinsam auf Kontakte verzichten.“   Abschließend: „Wir danken allen Pädagog*innen , die in dieser Zeit auch weiterhin solidarisch  sind Zwar ist der Arbeitsaufwand für viele deutlich höher, als vor der Pandemie, doch die Lage, in der wir uns befinden, ist außergewöhnlich. Es wird auf jede Einzelne und jeden Einzelnen ankommen, damit auch diese Generation von Schülerinnen und Schülern am Ende ihrer Schullaufbahn ein zukunftsfähiges Bildungsniveau erreicht.“

 

Kontakt
Michaela Skott
freie Pressereferentin
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