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Pressekonferenz:

Lageeinschätzung der GEW M-V zum Start in das Kita- und Schuljahr 2020/21

In einer aktuellen Einschätzung der Lage in Kitas, Schulen und Horte kommt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW M-V) zu dem Schluss, dass das Land die Zeit seit Beginn der Pandemie nicht ausreichend genutzt hat, um das Recht auf Bildung sowie das Recht auf den Schutz der Gesundheit in Gleichgewicht zu bringen: „Um es vorweg zu nehmen: Diese Situation ist für alle nach wie vor neu. Wir begrüßen und unterstützen wo möglich die Bemühungen des Landes, auch im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung für gute Bildung an den Schulen des Landes“, erklärt der GEW-Landesvorsitzende Maik Walm in der heutigen Pressekonferenz.

Eine Hand meldet sich
Symbolfoto/GEW

„Dennoch müssen wir auch feststellen, dass wir uns im fünften Monat des Pandemiegeschehens befinden. Viele engagierten Pädagog*innen an vielen Schulen haben sich in dieser Zeit eigenständig auf den Weg gemacht. Sie haben gemeinsam mit Eltern und Schüler*innen angepackt und einen Umgang vor Ort gesucht. Doch die Arbeitsbelastung, die daraus entsteht, ist auf Dauer nicht durchhaltbar. Dieses Anpacken, trotz des Personalmangels und teils mit eigener Technik, war ein Kredit für das Land, ein Zeitaufschub, den man hätte stärker nutzen müssen, um  Schule und Hort unter Pandemiebedingungen für das Schuljahr 2020/21 zu entwickeln – aus allen möglichen Blickwinkeln. Das ist aus unserer Sicht bisher nicht ausreichend geschehen“.

Das Pandemiegeschehen hält weiterhin an. Der erste Anstieg der Infektionsraten durch Reiserückkehrer*innen war ein möglicher Vorgeschmack auf den nahenden Herbst. „Faktisch werden Kitas, Schulen und Horte erst dann wieder im echten Regelbetrieb arbeiten können, wenn es einen Impfstoff breit verfügbar gibt“, erklärt Maik Walm und verweist auf die Einschätzung von Experten, die dies frühestens für den Sommer 2021 ankündigen. „Daraus entsteht die Frage, wie wir das Recht und die Notwendigkeit auf Bildung und Erziehung von Anfang an und das Recht auf Gesundheitsschutz für alle möglichst schnell in Einklang miteinander bringen. Diese Ausnahmesituation wird unseres Erachtens mindestens für das kommende Schuljahr die Regel sein. Aktuell zeigt die Waage aus unserer Sicht deutlich stärker in Richtung des Rechtes auf Bildung, was zweifelslos wichtig ist. Dennoch darf berechtigte Schutz der Gesundheit von Lehrer*innen und Schüler*innen dem nicht geopfert werden.“ Aktuell profitieren wir noch vom warmen Wetter, das Lüften begünstigt, sowie niedrigen Fallzahlen. Abschließend erklärt Maik Walm: „Wir brauchen ein Rettungspaket für die Bildung zwischen Land und Trägern, das Kitas und Schulen in die Lage versetzt, insbesondere auch im Herbst und Winter, landesweit jederzeit Bildung sicher zu stellen.“

Die GEW M-V benennt drei Bereiche, die aus Sicht der Bildungsgewerkschaft sofort und konsequent angegangen werden müssen:

1. Gesundheitsschutz stärken

Die Gesundheit aller in Kitas, Schulen und Horten muss Vorrang haben. Lüftung, Masken (FFP 2/3), Abstand und Hygiene sind wichtig. Dazu müssen die räumlichen, sächlichen und personellen Möglichkeiten geschaffen werden, die Hygienevorschriften einzuhalten. Das gilt auch für den Schüler*innenverkehr. Das Land und die Schulträger sind hier in der Pflicht Busse und Personal für mehr Abstand und die Einhaltung der Maskenpflicht bereitzustellen.

Die Schulträger haben u.a. sicher zu stellen, dass regelmäßig und mehrmals täglich die Reinigung insb. der Sanitärbereiche realisiert werden kann. Kleinere Gruppen sowie feste Pädagog*innenteams sollten schon jetzt für den Zeitraum des Ansteigens der Erkrankungen geplant und die Betreuungs- und Unterrichtsabläufe daraufhin angepasst werden. Die Umsetzung der betrieblichen Mitbestimmungspflichten muss auf allen Ebenen ermöglicht werden. Individuelle Gefährdungsbeurteilungen müssen entsprechend der neuen SARS-CoV-2-Arbeitsregel umgesetzt werden.

2. Bildung ermöglichen

Die notwendige technische Infrastruktur an den Lernorten wie auch in den Familien muss dringend jetzt für Schüler*innen und Pädagog*innen ausgebaut werden. Hier sehen wir die Schulträger und das Digitalisierungsministerium neben dem Bildungsministerium in der Verantwortung. Nur so kann ein Mix aus Distanz- und Präsenzlernen gelingen. Es fehlen bundesweit abgestimmte Konzepte für das Nacharbeiten von Lerninhalten. Wir brauchen jetzt einen Plan, wie wir mit der verlorenen Bildungszeit und den Abschlussklassen umgehen wollen. Vom „Coronaabschluss“ bis hin zu einem zusätzlichen 11. bzw. 13. Schuljahr darf es keine Denkverbote geben.

3. Arbeitsort Schule unter Pandemiebedingungen definieren

Es fehlt ein angemessenes Konzept zum Umgang mit den neuen Bedingungen am Arbeitsplatz Schule. Neu und zusätzlich auftretende Arbeiten und Belastungen durch Aufsichten, parallele Betreuung von Schüler*innen sowohl in der Schule als auch digital und anderes müssen sich in der Arbeitszeit abbilden und Mehrarbeit muss bezahlt werden. Auch die neue Zeitstruktur durch Aufsichten, Waschzeiten und Lüftungszeiten muss in diesem Kontext beachtet werden. Die entsprechenden Regelungen sind mit den Personalvertretungen zu vereinbaren.

Perspektive:

Pandemie wirkt wie ein Brennglas auf bereits vorher bekannte Defizite: Bildungsungleichheit bzw. fehlende Inklusion, Investitionsstau bei Schulgebäuden und Ausstattung, fehlendes Personal für multiprofessionelle Arbeit, fehlende Bildungsstrategie für das 21. Jahrhundert unter Einschluss digitaler Formate/Inhalte. Mit Blick auf den Herbst fordern wir deshalb ein zeitnahes Rettungspaket für die Bildung, um unterstützendes Personal einzustellen und ein zeitnahes Bau- und Digitalprogramm zu realisieren.

V.i.S.d.P. Maik Walm
 

Kontakt
Michaela Skott
freie Pressereferentin
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