Zum Inhalt springen

Neues Bildungsjahr startet mit alten Problemen

(30.08.2024/Schwerin) Auch im Bildungsjahr 2024/25 steht aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW MV) die Frage im Mittelpunkt, wie die Lern- und Arbeitsbedingungen in allen Bereichen so gestaltet werden können, dass Kitas und Horte, allgemeinbildende und berufliche Schulen sowie Universitäten und Hochschulen Orte des Entwickelns, des Lernens, des Lehrens und Forschens sein können – ohne dabei durch permanent mangelnde Ressourcen limitiert zu werden. Die GEW MV fordert hierzu das Land auf, die im Koalitionsvertrag selbst gesteckten Ziele mit mehr Engagement umzusetzen!

„Die jüngsten Meldungen zum hohen Krankenstand unter Erzieher:innen haben uns erneut deutlich gemacht, dass die Bedingungen unter denen unsere Kolleg:innen arbeiten, ganz offenbar alles andere als förderlich für die Gesundheit sind“, erklärt die stellv. GEW-Landesvorsitzende Ulrike von Malottki in einer Pressekonferenz zum Auftakt des Bildungsjahres. Dies wirke sich auch unmittelbar auf die Situation der Kinder und Eltern in den Kindertageseinrichtungen aus: „Eingeschränkte Schließzeiten, Aufteilung von Gruppen, der dadurch fehlende Bindungsaufbau, weniger Förderung – auch die pädagogischen Folgen sind teilweise verheerend“, sagt Ulrike von Malottki und sie erklärt weiter: „Was wir jetzt brauchen ist ein landesweit einheitlich gesetzlich geregelter Mindestpersonalschlüssel, der so ausgestattet ist, dass alle Aufgaben, die das Kindertagesförderungsgesetz vorsieht – und damit auch die neuesten Pläne der Bildungsministerin – mit ausreichend Personal unterlegt sind. Das ist bislang nicht der Fall. Auch der von der Ministerin hoch gelobte und als historisch gefeierte Landesrahmenvertrag kann diesem Anspruch nicht gerecht werden. Das Land sollte dies anerkennen und endlich selbst tätig werden!“

Zum neuen Schuljahr richtet die GEW MV ihr Augenmerk zunächst auf die knapp 2.000 Schüler:innen, die noch immer in den sogenannten Vorklassen an Standortschulen unterrichtet werden. „Zwar wird der überwiegende Teil der zumeist geflüchteten Schüler:innen mit dem Förderschwerpunkt Deutsch als Zweitsprache mittlerweile im gemeinsamen Unterricht beschult, doch diejenigen, die noch in den Vorklassen sind, werden stark benachteiligt. Sie erhalten nur ein eingeschränktes Unterrichtsangebot, ein Großteil ihrer Lehrkräfte hat nicht einmal eine Lehrbefähigung und ihr Übergang in den regulären, gemeinsamen Unterricht hängt nicht allein von ihren erworbenen Deutschkenntnissen ab, sondern auch von räumlichen und sächlichen Ressourcen der jeweiligen Schule. Ihr Recht auf Bildung wird damit beschnitten. So darf es nicht weitergehen!“ sagt der GEW-Landesvorsitzende Nico Leschinski. Ein Bericht des NDR MV im Juli hatte aufgezeigt, dass Schüler:innen teils schon zwei Jahre lang in einer Vorklasse sind. „Obwohl wir Vorklassen generell kritisch bewerten, haben wir 2022 Verständnis für die Ausnahmesituation gezeigt. Doch nach mehr als zwei Jahren muss das Land diese Aufgabe endlich lösen und allen Schulpflichtigen den Zugang zu regulärer Bildung ermöglichen! Wir erwarten, dass das Land die Bildungskonzeption hierfür fortschreibt und darin den Übergang in den gemeinsamen Unterricht verbindlich festlegt. Es sollte das Ziel sein, den Schüler:innen alle Bildungsabschlüsse zu ermöglichen. Spätestens bis Ende dieses Schuljahres sollten die Vorklassen in dieser Größenordnung nicht mehr Bestand haben. Der Anstieg der Migration durch Flucht in den Jahren 2015/16 und 2022 hat einmal mehr gezeigt, dass unser Schulsystem nicht genügend belastbar ist, um auf solche Ereignisse die passenden Antworten zu haben. Hieran müssen wir dringend arbeiten. Das Land sollte deshalb verstärkt Weiterbildungen für das Fach Deutsch als Zweitsprache anbieten und dies auch schon im Lehramtsstudium fördern.“

„Weiterhin angespannt“, so bezeichnet Nico Leschinski die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Lehrkräfte. „In der vergangenen Woche waren auf dem Lehrkräfte-Portal noch 377 Stellen ausgeschrieben. Außerdem sind 65 Leitungspositionen zu besetzen. Das legt nahe, dass auch in diesem Schuljahr erneut eine hohe Zahl an Lehrkräften im Seiteneinstieg tätig werden wird. Wir werden dies auch weiterhin begleiten und darauf Wert legen, dass diese Kolleg:innen pädagogisch nachqualifiziert werden.“ Die Themen Arbeitsbelastung und Mehrarbeit werden auch in diesem Schuljahr für die Kolleg:innen bestimmend sein, führt der Gewerkschafter weiter aus und kündigt einen engagierten Wahlkampf der GEW zu den kommenden Personalratswahlen im zweiten Schulhalbjahr an.

Für die Universitäten und Hochschulen rückt die GEW MV kurz vor Semesterstart die Situation der Studierenden in den Fokus: „Auch nach der 29. Novelle des BAföG im Juni 24 liegen die Sätze unterhalb des Bürgergelds. Dies ist, wie das Berliner Verwaltungsgericht urteilte, verfassungswidrig. GEW-Mitgliedern wird deshalb empfohlen Widerspruch gegen den letzten BAföG-Bescheid einzulegen. BAföG muss existenzsichernd sein. Dass es dies bislang nicht ist, belegen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts. Nach seiner Einschätzung gelten 35% der Studierenden als armutsgefährdet, weil die BAföG-Sätze viel zu niedrig und allein für die Miete mehr als die Hälfte des verfügbaren Haushaltseinkommens ausgegeben wird. Wir fordern unsere Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine Anhebung des BAföGs noch in dieser Legislaturperiode stark zu machen!“ sagt die stellv. GEW-Landesvorsitzende Sandra Astáras. Ebenfalls dringenden Handlungsbedarf – mindestens auf Landesebene – sieht die GEW MV für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte. „Den Willen einen eigenen Tarifvertrag für diese Beschäftigten (TV STUD) aufzusetzen - wenn nicht im Bund - dann wenigstens im Land, hat die Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten. Zwei Jahre vor Ablauf der Legislatur ist es nun an der Zeit dieses Vorhaben aktiv anzugehen. Wir wollen erreichen, dass das Land hierzu Verhandlungen mit uns aufnimmt und eine Zeitschiene zur Umsetzung definiert. Außerdem ist es an der Zeit, die studentischen Beschäftigten in das Personalvertretungsgesetz aufzunehmen, das derzeit novelliert wird. Das Recht auf Mitbestimmung steht auch ihnen zu.“ Weitere Themen in dem Bereich Hochschule und Forschung sind das Wissenschaftszeitvertrags-Gesetz gegen Dauerbefristungen und die Auswirkungen des „Herrenberg-Urteils“ auf den Lehrbetrieb an den Hochschulen und in der Weiterbildung.

 

Kontakt
Michaela Skott
freie Pressereferentin
AdresseLübecker Str. 265a
19059 Schwerin
Mobil: +49 172 902 323 8
Telefon: +49 385 485 27 0
Fax: +49 385 485 27 24