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Zukunftsplan Kita jetzt! Eltern und Gewerkschaft fordern gemeinsam Lösung für die Kita-Krise

Anfang März haben die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW MV) und der Kita-Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommern (K-LER MV) gemeinsam eine Umfrage zur Bildungs- und Betreuungssituation in den Kitas und Horten des Landes gemacht. Erstmals waren hierzu neben Eltern und Fachkräften auch Kinder zu einer Teilnahme aufgerufen. Im Ergebnis steht der dringende Appell endlich zu handeln. Die GEW MV und der Kita-Landeselternrat fordern gemeinsam einen Zukunftsplan Kita und damit deutliche Verbesserungen in der Personalausstattung und bei den Gruppengrößen.

Ulrike von Malottki, stellv. Landesvorsitzende GEW MV: „Unter unseren Kolleg:innen in den Krippen, Kitas und Horten herrscht eine große Unzufriedenheit mit der personellen und strukturellen Ausstattung der Einrichtungen. Gleichzeitig müssen sie, angesichts der sinkenden Geburtenzahlen Angst vor Kündigungen haben. Erste Einrichtungen schließen schon, andere kündigen Personal oder übernehmen ENZ-Auszubildende nicht mehr. Wir wollten, dass sie sich genauer mit ihrer Situation befassen und uns mitteilen, an welchen Stellen die Lasten besonders hoch sind. Die Zusammenarbeit mit dem Kita-Landeselternrat und die Befragung der Kinder weitet dabei unsere Perspektive, was aus unserer Sicht auch notwendig ist, um gemeinsam Wege zu einer tragfähigen Lösung zu finden.“

Heiner Rebschläger, Vorsitzender Kita-Landeselternrat MV: „Wir wissen, dass in den letzten Jahren viel Geld mobilisiert wurde für die Beitragsfreiheit der Eltern und ganz besonders auch für dringende Verbesserungen bei der Gehaltsentwicklung der Fachkräfte. Dabei sind Investitionen in die Qualität unserer Kitas entschieden zu kurz gekommen und es fehlt ein erkennbares politisches Programm für die nächsten Jahre, um daran etwas zu ändern. Gemeinsam mit der GEW wollten wir erfahren, wie die Fachkräfte und Eltern und ganz besonders auch, wie die Kinder auf die Situation in ihren Kitas schauen und was sie sich für die Zukunft wünschen.“

Zu den Hauptbefunden der Umfrage gehört, dass sich alle Beteiligten - auch die Kinder - darin einig sind, dass es zu wenig Personal und damit zu wenig Zeit für die pädagogische Arbeit mit den Kindern gibt. Das bedeutet nicht allein, dass die durchschnittliche Gruppengröße (Fachkraft-Kind-Relation) zu groß ist, sondern dass auch der Personalschlüssel  (der aussagt, wie viele Erzieher:innen eingestellt werden müssen, um diese durchschnittliche Gruppengröße zu erhalten) deutlich zu niedrig ist. Die unmittelbar spürbaren Folgen sind u.a.:

1. Ausfall von Betreuungszeiten (bspw. wegen Krankheit, Mutterschutz/Elternzeit, Pflege von Angehörigen)
2. Gruppenzusammenlegungen
3. Wegfall mittelbarer pädagogischer Arbeit (Kitas und Horte sind Bildungseinrichtungen)
4. hohe durchschnittliche Krankentage (30 Tage, Durchschnitt aller Berufsgruppen bei 20 / Bertelsmann Stiftung/2023)

Zu lösen ist dieses Problem aus Sicht der Gewerkschaft und der Elternvertretung nur durch einen Aufbau von Personal in den Einrichtungen. Beide Interessenvertretungen fordern dazu auf, den Rückgang der Geburtenzahlen als Chance dafür zu nutzen:
Heiner Rebschläger, Vorsitzender Kita-Landeselternrat MV: „Unsere Kinder haben uns in ihren Antworten eine ganze Menge mitgeteilt, uns herausgefordert, neu und genauer hinzuschauen, wie sie ihren Alltag in den Kitas erleben. Sie haben uns schlicht klar gemacht, was ihnen wichtig ist. Wir haben gesehen, dass unsere Kinder in großer Zahl gern in ihre Einrichtungen gehen, dass sie vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Erzieherinnen und Erziehern leben und ihre Kitas als Orte der Möglichkeiten und der Entfaltung erleben. Doch haben uns unsere Kinder auch sehr deutlich gesagt, wo sie die Baustellen in ihren Kitas sehen. Mitwirkung, mehr Zeit für die Aufarbeitung von Konflikten, Veränderungen beim Umgang mit dem Thema Mittagsschlaf, das alles sind Anliegen der Kinder, auf die es nicht nur eine Antwort gibt. Aber unter allen Antworten steht die Frage: Haben wir genügend Kita-Personal, um all diesen Aufgaben gerecht zu werden? Sowohl in der Umfrage als auch wir als Kita-Landeselternrat MV sagen dazu: Nein, das haben wir nicht! Und das, obwohl wir in diesen Tagen bessere Möglichkeiten dazu haben als je zuvor. Die zurückgehenden Kinderzahlen machen es möglich, ohne größere Änderungen am Personalbestand die Gruppen zu verkleinern und die Personaldecke dichter zu weben. Andere Bundesländer haben es bereits vorgemacht und die Gunst der Stunde genutzt, um bei zurück gehenden Kinderzahlen die Kita-Gruppen zu verkleinern. Wir nehmen die Aufträge unserer Kinder ernst und fordern jetzt einen Zukunftsplan Kita, der Schritt für Schritt, langfristig und planbar zu einer Verbesserung der Fachkräfteschlüssel in unseren Kitas bewirkt.“

 

Ulrike von Malottki, stellv. Landesvorsitzende GEW MV: „Die Ergebnisse aus der Befragung der Fachkräfte, aber auch der Eltern und Kinder bestätigen, dass die Ausstattung mit Personal und Zeit zu den drängendsten Fragen in der Kindertagesförderung gehört. Angesichts der dazu vorliegenden zahlreichen wissenschaftlichen Studien, wie bspw. von der Bertelsmann Stiftung, können wir auch nicht mehr von einem Erkenntnisproblem sprechen. Wir hoffen, dass dieses Stimmungsbild, welches direkt aus den Einrichtungen unserer kreisfreien Städte und der Landkreise kommt, uns noch einmal mehr Gehör für unsere Anliegen in der Landespolitik verschafft – gerade jetzt, da wir vor einem Landtagswahlkampf stehen. Für uns ist klar, wir müssen die Kitakrise lösen. Wir brauchen kleine Gruppen, statt großer Probleme! Dass wir diese Forderung mit dem Kita-Landeselternrat MV gemeinsam aufstellen, zeigt auch, dass wir gemeinsame Anstrengungen brauchen, um dieses Ziel zu erreichen. Wir wollen, dass jetzt nicht die gleichen Fehler gemacht werden, wie in den 90er Jahren an den Schulen, indem man jetzt Fachkräfte ziehen lässt. Wir wollen erreichen, dass unsere Fachkräfte mit einer Beschäftigungsgarantie in den Kitas bleiben. In mehreren Stufen kann auf diese Weise zunächst der Personalschlüssel gestärkt werden und in weiteren Schritten nach und nach die durchschnittliche Gruppengröße gesenkt werden. Im kommenden November will die GEW MV im Rahmen einer Konferenz hierzu mit den Beteiligten seitens der Träger sowie der Kreise und Kommunen ins Gespräch kommen, um einen gemeinsamen Weg dafür zu finden.“

Die Umfrage lief zwei Wochen über ein gemeinsam geschaltetes Umfrage-Tool, das über Social Media, Newsletter und Aushänge beworben wurde. Die Absicht war, ein Stimmungsbild zur aktuellen Lage einzuholen. Teilgenommen haben 809 Fachkräfte, 1.493 Eltern sowie 417 Kinder. Die Fragestellung war teils geschlossen, teils offen gestellt. Beide Interessenvertretungen sind mit der Resonanz zufrieden.
 

Information:
Der Kita-Landeselternrat M-V ist die gesetzlich legitimierte und demokratisch gewählte Interessenvertretung der Familien von knapp 117.000 Kindern , die in M-V Kindertagespflegestellen, Krippen, Kindergärten oder Horte besuchen. Heiner Rebschläger leitet den Kita-LER M-V seit seiner Neugründung im Jahr 2020 in der aktuell 3. Wahlperiode als Vorsitzender

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW MV) ist die mitgliederstärkste Interessenvertretung der Bildungsbeschäftigten in MV.  Sie vertritt pädagogische Fachkräfte in allen Bildungseinrichtungen des Landes.