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Gehälter für studentische Beschäfte:

Meilenstein gegen Tarifflucht an den Hochschulen

Tätigkeiten von Studierenden in der Verwaltung müssen nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) bezahlt werden, das entschied kürzlich das Arbeitsgericht Rostock. Geklagt hatte ein Student mit Unterstützung der GEW und DGB Rechtschutz GmbH. Das Urteil ist ein erster Meilenstein auf dem Weg zur deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen von sog. studentischen Hilfskräften an den Hochschulen in M-V.

Studierende mit Plakaten und Bannern vor Hörsaalgebäude
Foto: Aktionstag Hochschule der GEW in Leipzig, 16.11.2021

Vertragslaufzeiten von weniger als einem halben Jahr und eine Bezahlung knapp über dem Mindestlohn, das sind die Bedingungen zu denen die allermeisten der über tausend studentische Beschäftigten an den Hochschulen MV arbeiten. Bundesweiten Befragungen nach finanzieren knapp 2/3 der Studierenden ihr Studium durch einen Nebenjob. Viele sind bei steigenden Mieten und Energiepreisen dringend auf einen Nebenerwerb angewiesen. Wer nun aber als Student:in an der Hochschule arbeitet, wird nicht etwa wie alle anderen Beschäftigten nach TV-L sondern außertariflich bezahlt. Gewerkschaften versuchen seit Jahren dieser Tarifflucht ein Ende zu bereiten.

Was zählt zu Verwaltungstätigkeiten?

Nun könnte es zumindest für Studierende, die in der Wissenschaftsverwaltung arbeiten, schnell Abhilfe geben. Studierende können nur dann aus dem TV-L ausgeschlossen werden, wenn sie „wissenschaftliche Hilfstätigkeiten“ erbringen. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn sie einen Arbeitsvertrag als studentische oder wissenschaftliche Hilfskraft unterschreiben. Wer in der Universitätsbibliothek, den International Offices oder im Studierendensekretariat jobbt, muss nach den Stundensätzen der anderen Verwaltungskräfte bezahlt werden. Zu wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten zählen vor allem Arbeiten zur Unterstützung des Lehrpersonals.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Sollte das Land MV aber nicht in Berufung gehen, dürften Studierende, die an den Hochschulen überwiegend Verwaltungstätigkeiten erfüllen, künftig nicht nach den mageren Vergütungssätzen für studentische Hilfskräfte, sondern nach dem TV-L vergütet werden. Das gaben bereits die Urteile des LAG Berlin Brandenburg - 7 Sa 143/18 sowie des BAG - 7 AZR 245/20 vor.

Das Urteil könnte bares Geld wert sein

Die Stundensätze zur Vergütung von studentischen und wissenschaftlichen „Hilfskräften“ werden einseitig vom Finanzministerium MV festgelegt. Für eine Hilfskraft ohne Bachelor-Abschluss etwa gab es ab Sommersemester 2021 einen Stundensatz von 10,63 Euro. Wenn sich die Bezahlung nach dem TV-L richtet, sind die Tätigkeiten und die Berufserfahrung sowie Vorbeschäftigungszeiten ausschlaggebend - unabhängig vom Bildungsabschluss. Für einfache Servicetätigkeiten geht die Vergütung in der Entgeltgruppe 2 bereits bei 13,38 Euro die Stunde los. Wer hingegen in der IT arbeitet, kann sogar die EG 9a mit 18,23 Euro für sich einfordern.

Was gilt für alle anderen studentisch Beschäftigten?

Wer wissenschaftliche Hilfstätigkeiten erfüllt, fällt leider noch immer aus dem TV-L raus und wird nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz befristet. Nach wie vor blockiert die Arbeitgeberseite (die Tarifgemeinschaft der Länder; kurz TdL), dass alle studentisch Beschäftigten an Hochschulen in den TV-L aufgenommen werden. Mit der letzten Tarifrunde im TV-L vom 29.11.2020 kommt nun aber Bewegung in die Sache. Die TdL hat sich mit GEW und ver.di auf darauf geeinigt, über die Arbeitsbedingungen von studentischen und wissenschaftlichen Beschäftigten gesondert zu sprechen. Das klingt nach wenig, zeigt aber, dass die strikte Blockadehaltung der Länder nun erste Risse bekommt.

Unabhängig davon hat sich mittlerweile ein bundesweites Netzwerk verschiedener studentischer Initiativen (TVStud) gebildet, die für Tarifverträge in ihren Bundesländern kämpfen. Wenn der Druck groß genug ist, kann ein solcher Tarifvertrag, der die Bedingungen studentischer Beschäftigung regelt, in jedem Bundesland abgeschlossen werden. Die Landesregierung aus SPD und Die.Linke in M-V hat sich in ihrem Koalitionsvertrag selbst dazu verpflichtet, einen Tarifvertrag „auf dem Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL) abzuschließen“. Die GEW setzt sich dafür ein, dass dieser Tarifvertrag auch noch in dieser Legislatur kommt. 

Kontakt
Paul Fietz
Referent für Tarif- und Beamtenpolitik
Adresse Lübecker Str. 265A
19059 Schwerin
Web:  www.gew-mv.de
Telefon:  0385 48527-14
Fax:  0385 48527-24
Mobil:  +49 170 6391367