Bildungspakt:
Massive Anhebung der Mehrarbeitsvergütung vereinbart – Einstieg in langfristige Unterrichtsstundenkonten!
Seit etwa zwei Jahren verhandelt die GEW mit der Landesregierung über eine deutliche Erhöhung der Mehrarbeitsvergütungssätze und die Einführung von langfristigen Unterrichtsstundenkonten. Am 12. Juli 2024 haben die Partner:innen im Bildungspakt die Neuerungen gegenüber der Presse bekanntgegeben. Schon ab dem 01.09.2024 gilt für alle Lehrämter in der E13/A13 der einheitliche Satz von 42,80 Euro pro geleisteter Mehrarbeitsstunde. Ab November wird der Satz auf 44,77 Euro und ab Februar 2025 auf 47,23Euro pro Stunde angehoben.
Tatsächlich ist es bisher so, dass die Mehrarbeitsvergütungssätze je nach Lehramt sehr unterschiedlich ausfallen und nicht an die Tarif- und Besoldungsentwicklung gekoppelt wurden. Die Anpassung der Mehrarbeitsvergütungssätze fand daher je nach Kassenlage statt; teilweise wurden sie jahrelang nicht angefasst. Für Grundschullehrkräfte gilt aktuell noch ein Satz von 25,66 Euro (für Regionalschullehrkräfte 30,45 Euro und für Gymnasium und berufliche Schulen 35,59 Euro).
Mehrarbeit wird dann zur Auszahlung gebracht, wenn eine Lehrkraft über drei Unterrichtsstunden über ihrem Monatsstunden-Soll angewiesen bekommt und der Ausgleich in Freizeit absehbar nicht möglich ist. Ab der vierten Mehrarbeitsstunde im Monat wird die gesamte geleistete Mehrarbeit ausgezahlt. In einer Nebenabrede im Bildungspakt ist nun erstmalig vereinbart, per Rundschreiben des Bildungsministeriums für die Stundenplanung zu verankern, dass in der Regel mehr als die dritte Mehrarbeitsstunde vergeben wird, um Mehrarbeit möglichst zahlbar zu machen. Dementsprechend rechnet das Finanzministerium mit Kosten von 7 Millionen Euro zusätzlich im Landeshaushalt pro Jahr.
Teilzeit-Lehrkräfte, die Mehrarbeit leisten, erhalten bis zur Wochen-Pflichtstundenzahl einer Vollzeitlehrkraft das Entgelt bzw. die Besoldung, die zu 100 Prozent einer Unterrichtsstunde entspricht. Alles, was darüber hinaus geleistet wird, wird bisher nach den mageren Mehrarbeitsstundensätzen vergütet. Diese liegen deutlich unterhalb eines Bruttostundenentgelts; sind finanziell also sehr unattraktiv. Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten sogar Zuschläge auf Überstunden.
Ein Beispiel: Das Unterrichtsstundenentgelt (brutto) einer Lehrkraft in der E13 Erfahrungsstufe 1/A13 Eingangsstufe 4 beträgt 35,68 Euro. Der Vergütungssatz für die Mehrarbeitsstunde einer Grundschullehrkraft beträgt derzeit 25,66 Euro – und liegt damit bei nur rund 72 Prozent des Stundenentgelts! Mit dem Mehrarbeitssatz von 47,23 Euro erhalten ALLE Lehrämter in der E13/A13 künftig etwa 115 Prozent gemessen am Stundenentgelt. Dieser Aufschlag schmilzt bis zur Erfahrungsstufe 3 in der E13 (Erfahrungsstufe 8 in der A13) ab und liegt in den darauffolgenden Stufen wieder unterhalb des Stundenentgelts (siehe farblich markierte Zeile in den Tabellen).
Mehrarbeitsvergütung in Lehrämtern der E13/A13 bis Oktober 2024:
Unterrichtsstunden-entgelt | Mehrarbeitsvergütung | |||
aktuell | Vereinbart ab 01.08.2024 | |||
Gymn./ berufl. Schule | Regionalschule | Grundschule | ||
35,68 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
38,40 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
40,45 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
44,43 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
49,93 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
51,43 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
Unterrichtsstunden- entgelt | Mehrarbeitsvergütung | |||
aktuell | geplant | |||
Gymn./ berufl. Schule | Regionalschule | Grundschule | ||
37,22 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
38,55 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
39,86 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
41,13 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
42,23 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
43,34 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
44,45 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
45,56 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
46,67 € | 35,59 € | 30,45 € | 25,66 € | 42,80 € |
Weitere Erhöhung der Mehrarbeitsvergütungssätze:
| ab 1. November 2024 | ab 1. Februar 2025 |
Inhaberinnen und Inhaber von Lehrämtern, deren Einstiegsämter den Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 zugeordnet sind |
36,08 Euro |
38,05 Euro |
Inhaberinnen und Inhaber von Lehrämtern, deren Einstiegsamt der Besoldungsgruppe A 13 zugeordnet sind |
44,77 Euro |
47,23 Euro |
Mit 47,23 Euro pro Mehrarbeitsstunde ab Februar 2025 katapultiert sich M-V auf Platz 2 der höchsten Mehrarbeitssätze. Nur Sachsen-Anhalt zahlt für Lehrkräfte in der A13 im bundesweiten Vergleich mehr. Lehrkräfte mit einer Besoldung/ Entgeltgruppe in den Gruppen E9/A9 – E12/A12* erhalten im September bis Oktober 34,11 Euro, ab November 36,08 Euro und ab Februar 2025 38,05 Euro pro geleisteter Mehrarbeitsstunde.
Zähes Ringen um langfristige Unterrichtsstundenkonten
Der Einstieg ist gemacht. So kann das Ergebnis zur Einführung der langfristigen Unterrichtsstundenkonten zusammengefasst werden. Beginnen wir mit den positiven Punkten: Grundlinie der GEW M-V war es, dass die Einrichtung eines solchen Kontos vollkommen freiwillig geschieht. Das findet sich an mehreren Stellen in der nun veröffentlichten Verwaltungsvorschrift wieder.
Was aber ist so ein langfristiges Konto? Dabei handelt es sich um eine verbindliche Vereinbarung zwischen Lehrkraft und Schulbehörde zu einer Phase des Ansparens und Abbaus von Zeitguthaben. Beide Phasen zusammen können sich nur auf maximal 10 Jahre erstrecken. Das Gehalt bzw. die Besoldung wird dadurch nicht beeinflusst. Da es sich um ein Guthabenkonto handelt, sind Zeitrückstände ausgeschlossen. Das Konto soll vor Beginn des Schuljahres, wo die Ansparphase einsetzt, spätestens aber drei Wochen nach Beginn der Unterrichtszeit, abgeschlossen werden. Die in der Abbauphase eintretenden Abminderungsstunden müssen den angesparten Stunden entsprechen. Die Regelungen zu Vereinbarung eines Unterrichtsstundenkontos ähneln dabei denen zum Sabbat-Jahr/ Sabbatical.
Ein Beispiel: Ich möchte gerne mehr unterrichten und dafür nach 5 Jahren Ansparphase abmindern. Ich entscheide mich für zwei Mehrstunden. Nach 5 Jahren werden von meinen Lehrerwochenstunden zwei Abminderungsstunden für die weiteren 5 Jahre abgezogen (Abbauphase). Die Anbau- und Abbauphase laufen damit genau 10 (Schul-)Jahre. Die Bezahlung bleibt über beide Phasen konstant.
Nun zum Negativen: Das neue Unterrichtsstundenkonto ist aus Sicht der GEW zu starr. Ungeplante Mehrarbeit, die ausnahmsweise anfällt bzw. unterhalb der Dauer von einem Schulhalbjahr liegt, kann nicht flexibel „eingezahlt“ werden. Das Zeitguthaben kann nur in Zeitausgleich „ausgezahlt“ werden, nicht aber als Geldbetrag. Wir sehen daher großen Weiterentwicklungsbedarf.
Die Landesregierung bestand in den Bildungspaktverhandlungen darauf, dass die Erhöhung der Mehrarbeitssätze zusammen mit den langfristigen Unterrichtsstundenkonten verhandelt wird. Die langfristigen Unterrichtsstundenkonten werden soweit absehbar nur für einen gewissen Teil an Lehrkräften interessant sein. Entlastung schaffen sie womöglich nur in sehr begrenztem Maße. Hier muss bedacht werden, dass in vielen Bundesländern den Beschäftigten die verfehlte Personalpolitik der vergangenen Jahre offenkundig aufgeladen wird. Die Vorgriffsstunde in Sachsen-Anhalt oder die generelle Ablehnung von Teilzeitanträgen ohne zwingenden Grund seien nur als Beispiele genannt.
Im Bildungspakt ist mit Blick auf die Halbzeit der jetzigen Regierungskoalition fest vereinbart, die Senkung der Pflichtstunden eingehend zu prüfen und über konkrete Entlastung zu beraten.
*Das schließt u.a. Lehrkräfte in der Fachpraxis und Lehrkräfte im Seiteneinstieg ein.
Paul Fietz, Referent Tarif- und Beamtenpolitik