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Kein Migrationsbeirat - Verpasste Chance für Schwerin

Stellungnahme des Landesausschusses Migration, Antidiskriminierungsarbeit, Antirassimusarbeit und Diversity (LAMID) der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern (GEW MV) zum Beschluss der Stadtvertretung der Stadt Schwerin gegen die Einrichtung eines Migrationsbeirats

Vielfalt stärkt unsere Gesellschaft. Alle Gruppen brauchen eine Stimme! (Foto: altmann/pixabay.com)

Vorbemerkung:
Am 09.12.2024 hat die Schweriner Stadtvertretung beschlossen, dass es in der Stadt Schwerin keinen Migrationsbeirat geben soll. Der Landesausschuss für Migration, Antidiskriminierungsarbeit, Antirassismusarbeit
und Diversity der GEW MV kritisiert diesen Beschluss ausdrücklich.

Begründung:
Das Landesintegrationsgesetz sieht die Einsetzung eines Migrationsbeirates in Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern grundsätzlich vor (s. §18 Gesetz zur Jugendbeteiligung und Integration von Menschen mit Einwanderungsgeschichte sowie zur Änderung anderer Gesetze (Jugendbeteiligungs und Vielfaltsgesetz – JVG M-V). Ein Verzicht auf einen Migrationsbeirat erfordert eine fundierte Begründung, die darlegt, warum dies im Interesse der Stadt Schwerin sei. Nach unserer Einschätzung schwächt diese Entscheidung den sozialen Zusammenhalt, anstatt ihn zu fördern.

Fehlende politische Repräsentation: Es ist nicht nachvollziehbar, warum Fachkräfte mit Migrationsgeschichte, ohne die zahlreiche Arbeitgeber der Landeshauptstadt – darunter Handwerksbetriebe, gastronomische KMU, die Helios-Kliniken
und soziale Einrichtungen wie Sozius – kaum bestehen könnten, keine politische Vertretung erhalten
sollen. 

Ignorieren positiver Vorbilder: Andere Landeshauptstädte wie Magdeburg, München, Wiesbaden, Mainz oder Düsseldorf haben erfolgreich arbeitende Migrationsbeiräte etabliert. Diese Gremien tragen wesentlich dazu bei, die Partizipation
und Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte zu fördern und eine inklusive Gesellschaft
zu gestalten. Schwerin verpasst die Gelegenheit, von diesen erprobten Strukturen zu lernen und deren positive Erfahrungen zu nutzen. Stattdessen riskiert die Stadt, den Anschluss zu verlieren.

Vernachlässigung der Bildungsakteure: Ein weiterer Aspekt ist die fehlende politische Teilhabe für Pädagog:innen und Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte, die bereits jetzt von der Kita bis zur Fachhochschule im Schweriner Bildungsbereich entscheidend zur Demokratiefähigkeit und beruflichen Zukunft von Schülerinnen und Schülern beitragen.
Ihnen die Möglichkeit politischer Mitgestaltung zu verwehren, ist nicht vermittelbar.

Die Chancen eines Migrationsbeirats für Schwerin: Die Schweriner Stadtvertretung verkennt die vielfältigen Potenziale, die mit der Einrichtung eines Migrationsbeirats verbunden sind. Ein solches Gremium kann:

 

  • Politische Teilhabe ermöglichen: Menschen mit internationaler Familiengeschichte, insbesondere Drittstaatsangehörigen ohne kommunales Wahlrecht, wird eine aktive Teilnahme an
    der politischen Willensbildung eröffnet.
  • Interessen vertreten: Der Beirat kann als legitimiertes Sprachrohr für die Belange von Migrantinnen und Migranten in Schwerin agieren und diese politisch sichtbar machen.
  • Politik und Verwaltung beraten: Er wäre in der Lage, qualifizierte Beratung zu Themen der Integration und des Zusammenlebens in einer diversen Gesellschaft zu leisten. Dazu gehört auch die Einbringung von Erfahrungen und Perspektiven in die kommunale Integrationspolitik, etwa durch Maßnahmen zur Sprachförderung, Unterstützung bei Behördengängen oder der Integration in den Arbeitsmarkt.
  • Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken: Als Vermittler zwischen Politik, Gesellschaft und Menschen mit sowie ohne Migrationsgeschichte kann der Beirat Brücken bauen und zu einem solidarischen Stadtklima beitragen.
  • Gleichstellung fördern: Durch seine Arbeit kann der Beirat die bundes- und europarechtlich definierte Gleichstellung aller Schwerinerinnen und Schweriner vorantreiben, indem er sich für gleiche Rechte, Pflichten und Chancen für alle einsetzt.

 

Der Beschluss, keinen Migrationsbeirat einzurichten, bedeutet eine verpasste Chance für die Stadt Schwerin. Ein solches Gremium ist ein bewährtes Instrument, um Integration zu fördern, politische Teilhabe zu ermöglichen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Die Entscheidung der Stadtvertretung steht im Widerspruch zu den Zielen des Landesintegrationsgesetzes und den positiven Erfahrungen anderer Städte. Sie sollte dringend überdacht werden.

Kontakt
Michaela Skott
freie Pressereferentin
Adresse Lübecker Str. 265a
19059 Schwerin
Mobil:  +49 172 902 323 8
Telefon:  +49 385 485 27 0
Fax:  +49 385 485 27 24