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Auftakt zum Kita- und Schuljahr 2021/21: Trendwende in der Bildungspolitik deutet sich an

Heute hat die GEW MV sich in einer Pressekonferenz zum Schuljahresstart geäußert. Dazu haben wir uns, wie immer, ein breites Stimmungsbild aus unserer Mitgliedschaft - von euch - eingeholt. Das fällt erwartbar differenziert aus. Lest selbst: Mit der diesjährigen Einstellung von über 650 Lehrkräften ist es dem Bildungsministerium trotz der schwierigen Zeit gelungen, den vom Land errechneten Personalbedarf weitestgehend zu decken. Der Anteil der grundständig ausgebildeten Lehrkräfte ist zuletzt wieder gestiegen: „Das sind grundsätzlich sehr erfreuliche Nachrichten, die zeigen, dass auch von uns geforderte und entwickelte Maßnahmen wie die A 13/E 13 für Grundschullehrkräfte oder die rechtssichere Übernahme von Referendar*innen wirken. Damit deutet sich eine Trendwende in der Bildungspolitik an. Diesen Weg werden gemeinsam im Pakt für „Gute Schule 2030“ weitergehen“, erklären die beiden GEW-Landesvorsitzenden Annett Lindner und Maik Walm. In Bezug auf die Lehrkräfte im Seiteneinstieg sollte es nun darum gehen, alle diese Kolleg*innen schnellstmöglich zu qualifizieren und ihnen verlässliche Perspektiven zu geben. „Auch diese Lehrkräfte verdienen unsere Anerkennung und unseren Respekt, wenn sie sich in ihrem fortgeschrittenen Berufsleben für diese wichtige Arbeit entscheiden. Hier werden wir mit dem Land die erfolgreiche Novellierung des Lehrer*innenbildungsgesetzes nutzen, um konkret Verbesserungen zu erzielen.“ Aus Sicht der GEW MV fehlt es dennoch an Personal an den Schulen.

Symbolfoto/Pixabay

Dazu erklären die beiden Vorsitzenden: „Zunächst klingt die Absicherung der Kontingentstundentafel, des Kernunterrichts, gut und ist wichtig. Das reicht aber nicht flächendeckend für notwendige pädagogische Maßnahmen wie die Teilung von Gruppen, die individuelle Förderung oder die Sicherung der Ganztagsschule. Auch haben Schulen in bestimmten Regionen nach wie vor Probleme bei der Besetzung von Stellen. Ob die Lehrkräfteversorgung ausreichend ist, ist auch von den dafür angenommenen Parametern abhängig. Plant das Land ausreichend Krankentage, Fortbildungszeit, Mutterschutz und Pflegezeiten sowie schwer besetzbare Stellen rechtzeitig mit Reserven in die Unterrichtsversorgung ein? Unserer Meinung nach passiert das noch nicht ausreichend. Das Lehrpersonal an den Schulen ist zu knapp bemessen. Das zeigen uns die Rückmeldungen der Kolleginnen und Kollegen über ihre eigene Arbeitsbelastung genauso wie die regelmäßigen Aufstellungen über Ausfall und Vertretung in der Unterrichtsversorgung. Bildungsforscher Klaus Klemm hat in der Vergangenheit die hierfür notwendige Versorgung auf mindestens 105 Prozent beziffert. Jedoch ist dabei auch der Aufbau multiprofessioneller Teams gemeint, unterstützendes pädagogisches Fachpersonal, Krankenflegekräfte, Schulpsycholog*innen, Schulsozialarbeiter*innen, Erzieher*innen – alle diese Professionen gehören fest und verlässlich in die Schulen. Eine pauschale Forderung, bspw. nach 1.000 Lehrkräften mehr, stellt die GEW MV deshalb nicht auf. Das würde zu kurz greifen und es blieben auch Fragen nach der Ausbildung und Anwerbung dieses Personals unbeantwortet.“

Zuletzt hat die GEW MV sich über den Lehrerhauptpersonalrat für ein verbessertes Einstellungsverfahren für Referendar*innen stark gemacht. „Nach Auskunft des Bildungsministeriums hat dies zu einem deutlich höheren Verbleib unseres selbst ausgebildeten Lehrkräftenachwuchses geführt. Das ist eine schöne Bestätigung für die engagierte Arbeit unserer GEW-Personalrät*innen!“

Auch die Digitalisierung der Schulen, die aufgrund der Pandemie deutlich an Fahrt aufgenommen hat, braucht mehr Zeit und damit Personal: „Digitalisierung darf nicht bedeuten, dass wir die ausgedruckten Aufgabenblätter nun als PDF versenden. Digitalisierung kann auch die Präsenz nicht ersetzen. Vielmehr soll sie Entlastung schaffen und neue Lernmöglichkeiten eröffnen. Diese Innovationen müssen jedoch entwickelt werden und dafür brauchen Lehrkräfte Zeit. Das Land muss jetzt Innovationsressourcen schaffen“, sagt Maik Walm und weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Fragen in der Vergangenheit von allen Parteien in der Bildungspolitik vernachlässigt wurden.

Zitat aus der Praxis zur Unterrichtsversorgung:

„Weil die rechtliche Grundlage fehlt, dürfen wir nicht wie bisher "Feuerwehrlehrkräfte", also spontan einspringende externe Lehrkräfte beschäftigen. Oft sind KollegInnen nicht so lange krank, dass wir eine befristete Vertretung für sie beantragen können. Da werden wir vermehrt Ausfall oder Vertretung durch (ohnehin belastete) KollegInnen haben.“

 


Insgesamt verlief der Start in das Schuljahr ruhiger als der im vergangenen Jahr. „Von unseren Vertrauensleuten in den Schulen haben wir die Rückmeldung erhalten, dass sie sich besser und rechtzeitig informiert gefühlt haben. Das Bildungsministerium hat hier deutlich früher reagiert“, berichtet Maik Walm.  Zu einigem Unmut hat die Vorgabe zur Vorhaltung eines „Zwei-Wochen-Planes“ für den Quarantänefall geführt. „Hierbei handelt es sich unserer Ansicht nach wiederum um angeordnete Mehrarbeit. Die notwendige und wichtige Mehrarbeit von Pädagog*innen und insbesondere auch den Schulleitungen der allgemein- und berufsbildenden Schulen im Land, die in den vergangenen Monaten der Pandemie vor Ort geleistet wurde, ist nach wie vor nicht anerkannt.  Wir werden uns deshalb beim Land weiterhin für einen angemessenen Ausgleich und mehr Personal einsetzen. Wir laufen Gefahr, unsere Lehrkräfte durch ständige Überlast zu verlieren!“, sagt Maik Walm. Die GEW MV begrüßt, dass es zunächst keine flächendeckenden, präventiven Schulschließungen geben wird. „Beständiger Präsenzunterricht ist der Königsweg für breite Teilhabe an Bildung, die wir im Land brauchen. Damit das auch klappt, müssen wir im Blick behalten, ob und wie gut die Gesundheitsämter ausgestattet sind, um bei höheren Fallzahlen das Infektionsgeschehen gut nachzuvollziehen und auch mit Blick auf die Bildungseinrichtungen, von den Kitas bis zu den Hochschulen angemessen zu reagieren und einen guten Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Dazu gehört auch der Einsatz von Pool-PCR-Testungen, um Fälle sicher zu erkennen und Infektionsketten durchbrechen zu können“, erklärt Maik Walm in Richtung des Gesundheitsministeriums. Und mit Blick zu den Schulträgern auf Ebene der Landkreise und Kommunen: „Wir brauchen jetzt dringend jede mögliche Unterstützung zur räumlichen und sächlichen Ausstattung. Jede Lehrkraft muss schnell mit einem Dienstlaptop ausgestattet werden, bedürftige Schüler*innen erhalten ein Tablett mit Internetzugang.  Alle Schulen brauchen einen leistungsfähigen Internetzugang. Wo Luftfilter angefordert werden, darf es nicht lange dauern, diese zu beschaffen. Zusätzliche Hygienemaßnahmen müssen unverzüglich ermöglicht werden. Allein auf die Durchseuchung von Kindern und Jugendlichen zu setzen, in einer Zeit, in der noch nicht abschließend geklärt ist, wie hoch der Anteil von Langzeitschäden durch Covid-19 ist, ist aus unserer Sicht keine gute Lösung.“ Lobend heben beide Landesvorsitzenden hervor, dass die Impfbereitschaft bei Lehrkräften und auch Erzieher*innen weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung liegt. „Wir tun das um uns, aber auch die Kinder zu schützen. Wir hoffen, viele Eltern folgen diesem Beispiel!“


Das Land stellt mit Hilfe des Bundes insgesamt 38 Millionen Euro für ein „Aufholprogramm“ zur Verfügung. Weitere Mittel für die Freizeitförderung werden über das Sozialministerium aufgelegt. Die GEW MV hat dazu bereits vor den Ferien Stellung genommen:

Dort hieß es: „Das Aktionsprogramm des Landes geht bzgl. des Weiterlernens der Schüler*innen in die richtige Richtung, kann seine Wirkung nur dann ausreichend entfalten, wenn die Maßnahmen Unterricht und Schule zentral und direkt stärken. Wir fordern einen CORONA-Faktor in der Stundenzuweisung, ein flexibles Budget für alle Schulen und die Überarbeitung der Bildungsziele.“
 

Heute ergänzt Maik Walm: „Unseren Forderungen wird das Aufholprogramm in Breite nach wie vor nicht gerecht. Aus den Lernstandserhebungen der Anschlusswochen müssen individualisierte Bildungsziele für alle Schüler*innen folgen. Die notwendige individuelle Förderung führt zu personellen Mehrbedarfen, die sich in der aktuellen Stundenzuweisung für die Unterrichtsversorgung nicht angemessen widerspiegeln.“


Zitate aus der Praxis zum Aufholprogramm:

„Wir werden die Angebote nutzen, aber nur die Hilfe von Lehramtsstudierenden. KollegInnen im Ruhestand kommen sowieso nicht, wir können sie nicht mal als Lesepaten für unsere SuS gewinnen. Die möchten nicht mehr!“
 

 

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